So tief kann man stürzen: Noch vor zwei Jahren standen die Griechen nach dem Gewinn der Europameisterschaft auf dem Fußball-Olymp, jetzt dürfen die hellenischen Kicker nicht einmal mehr internationale Freundschaftsspiele bestreiten, geschweige denn an Turnieren wie dem Uefa-Pokal oder der Champions League teilnehmen. Am Montag hat die Fifa die Griechen von allen internationalen Aktivitäten ausgeschlossen. Grund: unerlaubte Einmischung der Regierung in Angelegenheiten des griechischen Fußballverbandes. Auf den Tag genau zwei Jahre nach dem EM-Triumph war die griechische Fußball-Welt am Dienstag geschockt. "Zwei Jahre nach dem Wunder von Portugal sind wir nun international in Verruf geraten", kommentierte die Zeitung Apojevmatini. Und die Sport-Gazette Protathlitis jammerte: "Eine Schande!"

"Das ist ein Schuss vor den Bug", sagte Fifa-Präsident Joseph Blatter am Dienstag in Berlin. Tags zuvor hatte er in einem Brief dem griechischen Verband die Entscheidung des Fifa-Dringlichkeitskomitees mitgeteilt, das Land von allen internationalen Wettbewerben zu suspendieren. Bereits im September 2005 hatte die Fifa Polen, Portugal und Griechenland aufgefordert, ihre Sportgesetze so zu ändern, dass sie mit den Weltfußball-Statuten übereinstimmen. Die untersagen etwa politische Einflussnahme auf nationale Verbände. Doch während Polen und Portugal der Aufforderung nachgekommen seien, habe sich die Situation in Griechenland sogar verschlechtert, kritisiert Blatter. "Wir haben deshalb gesagt: So kann es nicht weitergehen."

Mit der Suspendierung erhält der konservative griechische Sportminister Jorgos Orfanos die Quittung dafür, dass er Warnungen der Fifa ignorierte - und zwar aus persönlichen Gründen. Im Zentrum des Konflikts steht die Fehde des Sportministers mit dem Präsidenten des griechischen Fußballverbandes, Vassilis Gagatsis. Der steht der sozialistischen Opposition nahe. Deswegen will ihn Orfanos absetzen und einen Funktionär seines Vertrauens zum Verbandschef machen. Helfen soll dabei eine Gesetzesänderung: Während bisher der nationale Verbandspräsident von den Vorständen der Provinzverbände gewählt wird, sollen künftig alle Klubvertreter abstimmen. Das wären mehr als 3000. So hofft Sportminister Orfanos, den Sozialisten Gagatsis loszuwerden.

Die Fifa sieht darin den "neuerlichen Versuch (der Regierung), sich in Fußball-Angelegenheiten einzumischen". Mit Bedauern stelle man fest, schrieb Fifa-Präsident Blatter am Montag den Griechen, "dass Minister Orfanos seine der Fifa gegebenen Versprechen nicht eingehalten hat". Bis zum 15. Juli hat Orfanos nun Zeit, sein Gesetz zu ändern. Sonst bleibt die Suspendierung in Kraft. Dann müssten die Griechen ihre Teilnahme an der Fußball-Europameisterschaft 2008 abschreiben. Aber auch griechische Vereine sind vorerst vom Uefa-Pokal, der Champions League und anderen internationalen Begegnungen ausgeschlossen. Außerdem dürfen griechische Schiedsrichter ab sofort keine internationalen Spiele mehr pfeifen, und griechische Fußball-Funktionäre werden von ihren internationalen Ämtern suspendiert. Vereinsmanager fürchten bereits um die wirtschaftliche Existenz ihrer Klubs. Der Fußballverband wirft Sportminister Orfanos vor, er treibe "ein Spiel mit dem Feuer" und führe den griechischen Fußball "in die internationale Isolation".

Unterdessen begann im Sportausschuss des griechischen Parlaments am Dienstag eine auf drei Tage angesetzte Debatte über das umstrittene neue Sportgesetz. Minister Orfanos scheint nach dem Warnschuss der Fifa jetzt endlich bereit, seinen Entwurf zu ändern: "Wir werden tun was nötig ist", kündigte der Minister an.