Sehr geehrter Herr Herrmann,
Mit ziemlichem Unverständnis musste ich ihren Artikel "Keine Geschäfte mit Tötungstrainingssoftware" lesen, in welchem sie Ego-Shooter mit Drogen und Kinderpornos gleichstellen und somit millionen von Spielern weltweit auf die Stufe von von Schwerverbrechern setzen.
Immer wieder müssen nach Amokläufen Computerspiele als Sündenbock der Gesellschaft herhalten, da sich somit eigene Fehler ohne Probleme vertuschen lassen. In ihrem Artikel schreiben sie, dass wissenschaftlich erwiesen sein,"dass der andauernde Konsum derartiger Spiele, in denen Gewalt und Brutalität anders als bei Filmen aktiv ausgeübt und gesteuert wird, die Gewaltbereitschaft fördert und die Fähigkeit, Mitleid zu empfinden, verkümmern lässt", allerdings fehlen ihnen für diese Behauptung jegliche Quellen. Tatsächlich erwiesen sind die Tatsachen, dass Ego-Shooter und Actionspiele Reaktionszeit, Sehvermögen und Auffassungsgabe verbessern (
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/14...tlinsen,366040), sowie sogar zur Therapie von Phobien geeignet sind.(
http://de.wikipedia.org/wiki/Ego-Shooter)Auch werden die Spiele nicht als Übung zum Töten vom Militär eingesetzt, sondern, wie zuvor beschrieben, Auffassungsvermögen und Reflexe zu trainieren.
Ich bestreite nicht, dass Computerspiele im Allgemeinen zu kurzzeitigen Emotionssteigerungen führen können, da in allen Spielen ein Wettbewerb stattfindet. Die gleichen Wettbewerbserscheinungen treten auch in sportlichen Wettkämpfen auf, jedoch sind Computerspiele nicht dazu in der Lage, die Persönlichkeit eines Menschen so drastisch zu verändern, dass er vom Standard zum Mörder wird. Ein viel Wahrscheinlicherer Grund sind psychische Störungen, die durch Mobbing oder Stress verursacht werden können. Da es jedoch vermutlich deutlich schwieriger wäre, das Mobbingproblem in den Griff zu bekommen, wird dieses nicht weiter beachtet. Zwar wird immer wieder gesagt, dass etwas unternommen werden muss, aber eine wirkliche Offensive, wie sie fälschlicherweise gegen Computerspiele geführt wird, ist nie zu erkennen.
Anders verhält es sich mit Stress, welcher, wie wohl jeder schon einmal am eigenen Leib erfahren hat, zu starken, aber ungerechtfertigten Aggressionen gegenüber anderen führen kann. In allen Bundesländern wird das Abitur nach 12 Jahren eingeführt, wodurch den Schülern eine fast unmöglich zu bearbeitende Arbeit auferlegt wird. Dies hat zwar im Moment noch keine Auswirkungen auf die "aktuellen" Amokläufer, aber fast immer waren Mobbing (oder bloßes "gemieden werden") oder fehlende schulische Leistung und die daraus folgende Frustration der Grund für die Tat. Dass fast alle Täter auch Ego-Shooter spielen liegt auch einfach daran, dass ein sehr großer Teil der jugendlichen diese Spiele spielt, sodass es einfach eine "normale" Nebentätigkeit ist, die jedoch nicht in direkte Verbindung mit den Amokläufen gestellt werden kann.
Eine Gefahr für Spieler und Mitmenschen besteht erst dann, wenn aus dem einfachen Hobby eine Sucht entsteht. Die Aggressionen entstehen dann dadurch, dass die betroffenen Personen im "echten" Leben immer tiefer sinken und somit eine Art Neid und Hass auf die Mitmenschen aufgebaut wird. Ähnlich, aber wohl noch gefährlicher dagegen sind Glücksspiele, bei denen der Spieler in der Lage ist, sogar Geld zu verspielen und somit in einem Sumpf, aus dem es fast kein Entkommen gibt, gesogen wird. Aber auch hier wird dieser fakt einfach überspielt und der Sündenbock "Computerspiel" herangezogen.
All diese, in meinen (und millionen anderer) Augen völlig übertriebene und sinnlose Hexenjagt gegen Computerspiele und die heutige Jugend wirft in mir die Frage auf, was ich von der Politik überhaupt noch halten soll. In allen Generationen wurde über die "Jugend von heute" gemeckert und diese für unfähig erklärt, aber ich denke nicht, dass jemals eine komplette Generation mit Kinderschändern gleichgesetzt und als potenzielle Mörder behandelt wurde.
Mit diesem Satz möchte ich mich glücklich schätzen, dass wenigstens meine Stimme hiermit gehört, wenn wahrscheinlich auch nicht akzeptiert wurde.
Mit freundlichen Grüßen: ******