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#32
Alt 11.09.09, 14:09:45
steelworks
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Trackmaniac
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Unglaublich....nach einem halben Jahr habe ich endlich eine Antwort erhalten O.o

Achtung Spoiler! (Klick)

Sehr geehrter Herr ---,
vielen Dank für Ihre E-Mail zu meiner Forderung, Killerspiele zu verbieten. In den
letzten Monaten haben mich zahllose E-Mails zu diesem Thema erreicht. Angesichts
der großen Zahl von Meinungsäußerungen möchte ich mit diesem Schreiben
auf die wesentlichen Aspekte eingehen. Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen
erst heute antworte.
Das Thema gewalthaltige Computerspiele ist mir ein ernstes Anliegen. Wer mir
Populismus vorwirft, liegt völlig falsch. Anlass war der schreckliche Amoklauf in
Winnenden vor wenigen Monaten, der zahllose Fragen aufwirft. Als bekannt wurde,
dass auch der Täter von Winnenden im Besitz von gewalthaltigen Computerspielen
war, die für sein Alter sogar noch gar nicht freigegeben waren, geriet auch
dieses Thema in die öffentliche Diskussion. Da ich mich schon lange mit den problematischen
Auswirkungen von Computerspielen auseinandersetze und ich ernsthafte
Sorgen um die zunehmende Selbstverständlichkeit von Gewalt in unserer
Gesellschaft habe, habe ich zu diesem Thema öffentlich Stellung genommen. Dabei
ist mir natürlich bewusst, dass das Thema Killerspiele nur einen Teilaspekt der
Gesamtproblematik darstellt. Niemand behauptet im Übrigen, dass Killerspiele
zwangsläufig zum Amoklauf führen.
Computerspiele sind heute Bestandteile unseres Alltags. Es gibt viele gute und
intelligent gemachte Computerspiele, die ein attraktives Freizeitvergnügen mit viel
Spaß und Spannung sind. Es wäre aber unverantwortlich, die von gewalthaltigen
Computerspielen für unsere Gesellschaft ausgehenden Gefahren zu verharmlosen
oder zu negieren.
Zunächst einmal zu dem Begriff „Killerspiele“. Natürlich ist dies kein Fachbegriff.
Aber als Politiker muss ich eine Sprache verwenden, die von einer großen Zahl
von Menschen verstanden wird, auch wenn sie – zugegebenermaßen – manchmal
vereinfachend ist. Wenn ich von Arcade-Games, Beat’em Ups, Shoot’em Ups, Racern,
von Ego- oder 3rd-Personen-Shootern sprechen würde, würde mich außerhalb
einer relativ kleinen Gruppe von Eingeweihten kaum jemand verstehen. Hinzu
kommt, dass keineswegs jeder Ego-Shooter ein Killerspiel ist. Bei vielen der aus
meiner Sicht problematischen Spiele wie „Der Pate – Don Edition“ oder „GTA IV“
handelt es sich vielmehr um einen „Genre-Mix“. Meines Erachtens bringt der Begriff
Killerspiele sehr gut zum Ausdruck, was gemeint ist: Ein Computerspiel, das
beherrscht wird von besonders realistischer, grausamer und reißerischer Gewalt.
Schlichtweg falsch ist die immer wieder zu lesende Behauptung, es gäbe keine
wissenschaftlichen Erkenntnisse über die schädliche Wirkung gewalthaltiger Computerspiele.
Zwischenzeitlich gibt es zahlreiche Untersuchungen anerkannter Wissenschaftler
aus der Medienwirkungsforschung und den Neurowissenschaften,
wonach die Gewaltbereitschaft steigt und die Fähigkeit sinkt, Mitleid zu empfinden,
je intensiver jemand gewalthaltige Computerspiele spielt. Das Spielen derartiger
Spiele, bei dem der Spieler handelnder Akteur ist und in eine mittlerweile fotorealistische
virtuelle Welt eintaucht, unterscheidet sich hinsichtlich der schädlichen
Auswirkungen dabei ganz deutlich vom bloßen passiven Betrachten vergleichbarer
Filme. Der Leiter der Klinik für Psychiatrie am Universitätsklinikum Ulm, Professor
Dr. Manfred Spitzer, sagt dazu: „Diese Spiele hinterlassen tiefe Spuren im
Gehirn: Es gibt viel Gewalt, es gibt keine Alternativen zu Gewalt, sie tut nicht weh,
und ich komme davon. Wenn ich das 200.000 Mal multimedial lerne, dann habe
ich das intus.“
Sie haben selbst alle Möglichkeiten, im Internet zu recherchieren. Prüfen Sie
selbst, wie überzeugend die Studien und Forschungsergebnisse sind, die dort zu
finden sind, und vor allem, prüfen Sie kritisch, welchen Interessen sie dienen und welcher Geldgeber dahinter steht. Hier geht es um einen Milliardenmarkt. Einen
Einstieg bietet der internationale Kongress „Computerspiele und Gewalt“ im November
2008, dessen Ergebnisse unter http://www.hm-medienkongress.de nachgelesen
werden können.
Als Politiker und Innenminister, der ich tagtäglich mit der zunehmenden Gewalt gerade
auch junger Menschen zu tun habe, können mich diese Forschungsergebnisse
nicht kalt lassen. Ich trage auch Verantwortung für meine häufig auch noch jungen
Polizeibeamten, die bei ihrer täglichen Arbeit selbst Opfer von Gewalt werden.
Ich fordere deshalb schon lange ein gesetzliches Herstellungs- und Verbreitungsverbot
für Killerspiele. Ein solches findet sich zwar bereits grundsätzlich in § 131
Strafgesetzbuch (StGB), der Gewaltdarstellungen unter Strafe stellt und über eine
Verweisung auch auf „Datenspeicher“ anwendbar ist. Mit Ausnahme weniger Beschlagnahmen
läuft dieser Straftatbestand bei Computerspielen aber weitgehend
leer. Die Ursache liegt vor allem in der nach meiner Ansicht viel zu großzügigen
Kennzeichnungspraxis der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK). Ein
Spiel, das von der USK einmal für den Markt freigegeben worden ist – dazu reicht
die Kennzeichnung „keine Jugendfreigabe“ aus –, kann nach der derzeitigen
Rechtslage nicht mehr von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
indiziert werden. Im Ergebnis entfällt dann auch jede Möglichkeit einer Strafverfolgung
nach § 131 StGB, da Herstellern und Verbreitern derartiger Spiele kein strafrechtlich
relevanter Vorsatz mehr nachgewiesen werden kann.
Damit zeigt sich, dass auch der Hinweis auf das Jugendschutzrecht nicht weiterführt.
Es enthält zwar umfangreiche und komplizierte Regelungen, die aber nicht
ausreichend sicherstellen, dass höchst problematische, gewalthaltige Spiele in
Deutschland frei verkäuflich sind. Ist ein Spiel erst einmal freigegeben, gelangt es
schnell in die Hände von Kindern und Jugendlichen; der Aufdruck „keine Jugendfreigabe“
hat hier eher Anreizwirkung. Eltern, das müssen wir leider zur Kenntnis
nehmen, sind häufig schon aus Zeitgründen nicht in der Lage, dies zu verhindern.
Indizierung und strafrechtliches Verbot haben, anders als dies manche behaupten,
ganz erhebliche Wirkung. Da damit ein Werbeverbot verbunden ist, werden davon
betroffene Spiele nur noch sehr schwer bekannt. Außerdem wollen die Hersteller
derartiger Spiele mit ihnen Geld verdienen. Dies ist bei einem illegalen Vertrieb auch über das Internet nur schwer möglich; Schwierigkeiten ergeben sich schon
beim Geldtransfer. Trotzdem wird es sicher Fälle geben, in denen derartige Spiele
zum Beispiel im Ausland erworben werden. Gesetzesverstöße, die nie ganz ausgeschlossen
werden können, sind aber kein Grund, von einem strafrechtlichen
Verbot abzusehen.
Derzeit bemüht sich die zuständige bayerische Sozialministerin, in Gesprächen mit
Bund und Ländern Verbesserungen im Jugendschutz durchzusetzen, wie sie Bayern
in seiner Bundesratsinitiative Anfang 2007 bereits vorgeschlagen hatte. Daneben
sollen die auf Staatsverträgen beruhenden Grundsätze und die Prüfordnung
der USK mit dem Ziel angepasst werden, insgesamt zu einer restriktiveren Freigabepraxis
zu gelangen. Dazu soll die Rolle der Länder im Prüfverfahren durch Verbesserung
der Appellationsmöglichkeiten gestärkt, die Kriterien für die Alterseinstufung
unter Einbeziehung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die
psychischen Auswirkungen und die Abhängigkeitspotenziale angepasst sowie die
Zusammenarbeit von USK und Bundesprüfstelle verbessert werden.
Vielleicht ist mein Schreiben doch Anlass für Sie, über die Problematik noch einmal
nachzudenken. Wir wollen keine Gesellschaft, in der Gewalt zur Selbstverständlichkeit
wird. Deshalb muss Gewalt geächtet werden, auch auf den heimischen
Computern. Der Staat allein kann mit Verboten oder durch Erziehung zu
Medienkompetenz in den Schulen nur einen Teil beitragen. Gefordert sind wir alle,
wenn es darum geht, eine humane Gesellschaft zu verwirklichen, die der Werteordnung
des Grundgesetzes und damit in erster Linie der Würde des Menschen
entspricht.
Mit freundlichen Grüßen



Was ich interessant finde is, dass er zwar zugibt, dass das Wort "Killerspiel" unsachgemäß ist, aber einfach darüber hinweg geht, mit der Begründung, dass die breite Masse ihn ja sonst nicht verstehen würde. Dann aber einfach der unwissenden Bevölkerung einen meinungsbildenden Begriff an den Kopf zu werfen halte ich schlicht für verantwortungslos.

Die Antwort beinhaltet eine Vielzahl von Behauptungen, ohne jeden Beweis.
zahlreiche Untersuchungen anerkannter Wissenschaftler
aus der Medienwirkungsforschung und den Neurowissenschaften
...Wenn ich sowas schon lese...
Das ist so ein typischer Standardsatz, den man hinkritzelt, wenn man keine Quellen hat, die einen unterstützen

Und auch nur die Hälfte des Briefes nimmt Bezug auf die Auswirkungen der Spiele auf die menschliche Psyche, die andere Hälfte erklärt mir die Gesetzeslage...

Der wichtige Kritikpunkt meinerseits, nämlich der Vergleich zwischen Spielen und Kinderpornos/Drogen wird einfach übergangen.

Alles in allem finde ich die Antwort nicht mal ansatzweise überzeugend.

^ das Zitat is auf jeden Fall ausm Zusammenhang gerissen